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Schöne Augenblicke: Ist das vielleicht nicht Glück?
Chin Shengtan hat im 17. Jahrhundert eine Aufzählung der glücklichsten Augenblicke seines Lebens hinterlassen. Es sind Augenblicke, so schreibt er, „in denen der Geist unlöslich mit den Sinnen verbunden ist".
Regen nach der Gluthitze
Es ist ein heißer Tag im Juni, die Sonne hängt regungslos am Himmel, kein Windhauch, kein leisestes Lüftchen, keine Wolke will sich zeigen. Der Schweiß rinnt in kleinen Bächlein meinen ganzen Körper entlang. Ich soll zu Mittag essen, aber ich kann mich nicht dazu entschließen, weil es so heiß ist. Fliegen schwärmen um mein Gesicht und wollen sich nicht vertreiben lassen. In dem Augenblick, in dem ich völlig hilflos bin, höre ich plötzlich ein Donnergrollen, große schwarze Wolkenwände überziehen den Himmel und fahren auf wie ein mächtiges Heer. Das Regenwasser schießt in Sturzbächen aus der Dachrinne. Ich höre auf zu schwitzen und kann meinen Reis essen. Ist das vielleicht nicht Glück?
Gastfreundschaft und Großzügigkeit
Ein Freund - einer den ich seit 10 Jahren nicht gesehen habe - kommt unerwartet bei Einbruch der Dunkelheit bei mir an. Ich öffne die Tür und lasse ihn herein. Ich gehe ins innere Gemach und frage meine Frau: Hast du eine Gallone Wein wie Su Tunp'pos Frau? Ohne Zögern zieht meine Frau ihre goldene Nadel aus dem Haar und geht weg, sie zu verkaufen. Ich überschlage, dass wir damit 3 Tage auskommen werden. Ist das vielleicht nicht Glück?
Arbeit mit Gesang
Es ist ein Sommertag. Ich gehe barfuß und barhäuptig, habe einen Sonnenschirm aufgespannt und schaue mir an, wie junge Leute das Wasserrad treten und dabei Volkslieder aus Su-Chow singen. Das Wasser strömt über das Rad wie ein Sturzbach aus geschmolzenem Silber. Ist das vielleicht nicht Glück?
Sonne nach dem Grau
Es hat fast einen Monat lang geregnet, und ich liege im Bett wie ein Kranker und mag einfach nicht aufstehen. Plötzlich höre ich Vogelgezwitscher, das einen hellen Tag anzeigt. Ich ziehe die Vorhänge auf und sehe den hellen, glänzenden Sonnenschein, und der Wald sieht aus, als hätte er ein Bad genommen. Ist das vielleicht nicht Glück?
Süße Frucht
Mit einem scharfen Messer an einem Sommernachmittag auf einem großen dunkelroten Teller in eine hellgrüne Wassermelone schneiden. Ist das vielleicht nicht Glück?
Freiheit
Ein Fenster öffnen und eine Biene aus dem Zimmer lassen. Ist das vielleicht nicht Glück?
Loslassen
Wenn ein Stück altes Porzellan zerbrochen ist, besteht bekanntlich keine Hoffnung, dass man es wieder heil kriegen könnte. Je mehr ich es in den Händen drehe, umso ergrimmter werde ich. Ich gebe es meinem Koch und verbiete ihm strengstens, mir das zerbrochene Geschirr jemals wieder unter die Augen zu bringen. Ist das vielleicht nicht Glück?
Eine ganz kleine Schadenfreude
Zusehen, wie jemandem die Drachenschnur reißt. Ist das vielleicht nicht Glück?
Geld
Soeben alle seine Schulden zurückbezahlt haben. Ist das vielleicht nicht Glück?